28.05.2011

Wer ist Hanna? Kritik + Trailer - Ronan, Blanchett, Bana

Der Thriller Wer ist Hanna? mit Saoirse Ronan (Abbitte) in der Titelrolle ist das absolute Kontrastprogramm zu dem ebenfalls diese Woche gestarteten exzellenten Drama Auf brennender Erde. Das klischeebeladene Drehbuch zu Wer ist Hanna? stammt von zwei Neulingen, dem Kanadier Seth Lochhead und dem Briten David Farr, die mit Begeisterung die ausgelutschtesten Storyelemente zu einem dünnen Geschichtchen verwursten, das sie mit eindimensionale Figuren besiedeln. Das Drehbuch ist etwa zwei Entwürfe von gut entfernt, in denen man z. B. die Unbeständigkeit der Storywelt hätte ausbügeln können. Da die Geschichte auch nach Deutschland führt, kommt darin selbstredend ein superblonder sadistischer Killer (gespielt von Tom Hollander, Operation Walküre, Der Solist) vor, der pfeifend auf Menschenjagd geht und dabei auch noch zwei Skinheads in Bomberjacken und schwarzen Stiefeln zur Unterstützung dabei hat. Der Killer Isaacs trägt den Spitznamen Doberman und leitet den legendären Hamburger Stripclub Safari.
So clever.

Der ehemalige CIA-Agent Erik Heller (Eric Bana, Wie das Leben so spielt, Die Frau des Zeitreisenden) hat die mittlerweile 16-jährige Hanna in der Wildnis von Finnland aufgezogen und zur mehrsprachigen Kampfmaschine und skrupellosen Killerin ausgebildet. Am Anfang des Films sehen wir Hanna dabei zu, wie sie einen Elch erlegt. Diese Szene erinnert unweigerlich an den brillianten schwedischen Film So finster die Nacht, der sich auch um ein junges Killermädchen dreht, dem Wer ist Hanna allerdings nicht einmal ansatzweise das Wasser reichen kann. (Foto*: Erik und Hanna in ihrer Hütte in Finnland. *Alle Fotos © 2011 Sony Pictures Releasing GmbH)

Hanna kennt die Zivilisation nur aus Büchern, sie hat solch fabelhafte Dinge wie Elektrizität nie kennengelernt. Als sie sich für ihre Mission in der Welt für gut vorbereitet hält, lässt sie sich vorsätzlich vom CIA einfangen und fern der USA in einem geheimen Bunker unter der steinigen marokkanischen Wüste verhören. Auf ihr Zusammentreffen mit der eiskalten CIA-Agentin Marissa (Cate Blanchett, Babel, Indiana Jones IV, Der seltsame Fall des Benjamin Button) sind beide bestens vorbereitet. Marissa wahrt einen Sicherheitsabstand, was sich als sehr smart erweist. Hanna erkennt sofort, dass sie von Videokameras beobachtet wird, was unsere Superwoman natürlich nicht aufhalten kann. Auf dem Weg in die Freiheit verbiegt sie jedwede Naturgesetze und schafft es, sich von einem unterirdischen Aufgang aus ungesehen unter ein mit hoher Geschwindigkeit darüber hinweg fahrendes Auto zu hängen. Wie genau das gehen soll und woher sie überhaupt wissen konnte, welcher Jeep der letzte im Konvoi ist, dafür liefert Regisseur Joe Wright keine Erklärung, der schneidet einfach von einer Szene zur nächsten und fertig.

Ihr Endziel ist Berlin, doch zuerst freundet sich Hanna in Marokko mit einer britischen Touristenfamilie an. Die Eltern Sebastian (Jason Flemyng, Mirrors, Der seltsame Fall des Benjamin Button, demnächst: X-Men: Erste Entscheidung) und Rachel (Olivia Williams, An Education) kommen allerdings eher daher wie  amerikanische Hippies, die während des Vietnamkrieges nach Kanada geflüchtet sind. Rachels feministische Sprüche (die ganz klar noch aus der 2. Welle stammen) würden sehr gut zu einer Akademikerin einer liberalen Westküsten-Uni wie z. B. Berkeley passen. Die Tochter Sophie (Jessica Barden) ist eine ganz normale Teenagerin, die sich - trotz ihrer Eltern - viel zu sehr mit ihrem Aussehen beschäftigt und sich natürlich für Jungs interessiert. Die beiden Mädchen freunden sich schnell an. Hanna ist ja ohne Frauen in ihrem Leben aufgewachsen und deshalb ist sie erst einmal völlig fasziniert von dieser neuen Erfahrung. Aber eben nicht fasziniert genug, um darüber ihre Mission zu vergessen. Und Marissa bzw. der Killer Isaacs sind ihr ja auch auf den Fersen.... (Foto*: Hanna legt sich mit Isaacs Handlangern an)

In Marokko macht Hanna Bekanntschaft mit der ihr fremden Elektrizität. Schon kurze Zeit später sollen wir ihre Hintergrundgeschichte allerdings schleunigst wieder vergessen, denn als Hanna zum ersten Mal einen Computer sieht, ist sie sofort im Bild, wie man eine Internet-Recherche durchführt. Von 0 auf 100 in nix also. Das Ergebnis der Recherche ist den Zuschauern zu dem Zeitpunkt schon ziemlich klar.

Wer ist Hanna spielt mit altbekannten Themen, die wir aus unzähligen Filmen über Nazis kennen und hat dem nichts hinzuzufügen. Die politischen Anspielungen sind auch nicht gerade neu und keineswegs sonderlich subtil. Wer sich den Film im OV-Kino ansieht, der muss auch noch hören, wie sich die Australierin Cate Blanchett mit einem texanischen Akzent und Tom Hollander mit seinen deutschen Texten abquält. (Foto*: Marissa kennt kein Pardon)

Manchmal kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass die ursprüngliche Story, die auf einer Idee von Seth Lochhead basiert, einmal anders angelegt war. Schade nur, dass der sich so wenig für seine Figuren interessiert hat. Mir war es letztlich auch völlig egal, was mit der ständig herumrennenden Hanna nun wird.

Die Kampfszenen sind gut gemacht und ganz interessant, die aufdringliche Filmmusik der Chemical Brothers empfand ich als störend und extrem nervig. (Zum Soundtrack: Hanna )

Wer ist Hanna? -- Genre: Action, Thriller -- deutscher Kinostart: 26.05.11 -- Länge: 111 Minuten -- FSK: ab 16 Jahren
Drehbuch: Seth Lochhead, David Farr
Regie: Joe Wright (Abbite, Der Solist)

Wer ist Hanna Trailer

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